Gefährden die DMP ´s Asthma und COPD die ärztliche Versorgung ?

Es liegen die ersten Erfahrungen mit den DMP ´s Asthma und COPD in Berlin vor. Die Resonanz und Akzeptanz der Patienten ist gut, obwohl kaum ein Patient den Inhalt der Briefe von den jeweiligen Krankenkassen versteht. An eine bessere Versorgung auf der Basis der DMP´s glauben die wenigsten Patienten; am ehesten wird gefragt:“wo muss ich denn da hin?“ oder aber „was muss ich für die Teilnahme bezahlen ?“
Wenn man den Patienten erläutert, dass die Krankenkassen sich durch die Einschreibungen Kosten für die Behandlung chronisch kranker Patienten verrechnen können (nämlich mittels des Risikostrukturausgleichs ( RSA ) ) wird dies durchaus verstanden und positiv bewertet !

Insbesondere in der Lungenarztpraxis am Rathaus Neukölln von Dr. Rainer Gebhardt und Dr. Michael Petri werden aktuell rund 30 Patienten täglich in die Disease Management Programme COPD und Asthma eingeschrieben. Der Zeitbedarf für das Bedrucken der Einwilligungs- und Dokumentationsbögen mit den Patientendaten und das anschließenende Eintragen der medizinischen Daten liegt bei schneller Arbeitsweise bei 2-3 min., das aufklärende Patientengespräch nicht mit eingerechnet ! (E-DMP geht auch nicht schneller). Wer rechnen kann: für die Bürokratie der DMP sind täglich 60-90 min. zusätzlich aufzuwenden (die in einem Problembezirk wie Neukölln der Patientenversorgung fehlen).
Die Hausärzte haben wegen der Belastung durch die bisher schon bestehenden DMP´s Diabetes und coronare Herzkrankheit praktisch keine Zeit mehr für die Beteiligung an den DMP Asthma und COPD !
Spätestens ab nächsten Quartal 2/07 wird die Sättigungskurve erreicht sein, da die eingeschriebenen Patienten zu den Folgeuntersuchungen erscheinen werden (also erneut 20-30 täglich) ! Da wird wohl kaum noch Zeit für die Neueinschreibung mehr bleiben.

FAZIT: der Patient bleibt ein Störfaktor, der uns Ärzten wertvolle Zeit zum Ausfüllen von Dokumentationsformularen raubt. Ist das die qualitätsgesicherte Medizin, die uns die DMP ´s bringen sollten ?

P.S.: wir arbeiten engagiert für die DMP´s Asthma und COPD — aber wir fühlen uns zunehmnd wie die Bürger aus der schönen Stadt Schilda !

3 Responses to “Gefährden die DMP ´s Asthma und COPD die ärztliche Versorgung ?”

  1. gebhardt sagt:

    Natürlich bedeuten die DMP´s Asthma und COPD für jeden Kollegen mehr Arbeit. Allerdings verbessert die Teilnahme am Programm auch die finanzielle Sitution der Praxen, durch eine angemessene Honorierung der „Schreibarbeiten“ und der Betreuung der teilnehmenden Patienten. Eine Flexibilisierung der strikten Arzneimittelbudgets für DMP Patienten stellt ebenfalls einen Vorteil dar. Der Patient spart in der Regel zumindest die Quartalsgebühr von 10 Euro.
    Tatsache bleibt aber: bei voll ausgelasteten Praxen in Gebieten mit einer Unterversorgung (z.B. Neukölln, Wedding), langen Wartezeiten trotz hohen „Patientendurchlaufs“ muss sehr darauf geachtet werden, dass die medzinische Qualität (und dazu gehört auch die Zuwendung und das Zuhören für den Patienten !) nicht zu gunsten des Zettelausfüllens auf der Strecke bleibt. Die Patientenschulungen sind eine sehr sinnvolle Bereicherung des Leistungsangebots für die wir Lungenärzte mühsam von den Kassen erstritten haben, aber auch hierfür muss zusätzlich Arbeitskapazität aufgewendet werden.

  2. gebhardt sagt:

    Teilweise sind die DMP´s Asthma und COPD auch nur eine „halbe Angelegenheit“. Zum Nikotinverzicht soll der Patient zwar motiviert werden, die Mittel für eine strukturierte Nicotinentwöhnung, die immerhin hohe Erfolgsquoten aufweist, werden jedoch nicht bereit gestellt. In einem sozial problemtischen Bezirk wie Neukölln haben viele Patienten schlichtweg kein Geld für die Kursteilnahme und eventl. Nicotinersatzstoffe (Stichwort Harz IV). Und eine Ersparnis aus dem Nichtrauchen ergibt sich erst NACH dem erfolgreichen Nikotinverzicht.
    Bei der Empfehlung zu körperlichem Training verhält es sich ähnlich: Ankreuzen auf dem Doku-Bogen: ja, das hebt schließlich die Qualität im QM-Bericht — Leistung: nein. Lungensportgruppen existieren zwar in Berlin, aber wiederung kaum in sozial schwachen Bezirken.

  3. Wir kümmern uns zur Zeit um den CO2-Ausstoß(sicherlich sehr löblich), wir versuchen das Rentenproblem in den Griff zu bekommen (Rente mit 67), aber wie wir die Problem des Gesundheitssystems in den Griff bekommen ohne ALLE Beteiligten in noch mehr Bürokratie versinken zu lassen, das scheint auch Lokalpolitikern völlig abzugehen.
    Ich könnte mir einen Feldversuch in Neukölln (von der Einwohnerzahl immerhin Kleinstadt) vorstellen, in dem sich Krankenkassen, Ärzte, Apotheken und andere Beteiligten im Gesundheitswesen tummeln und Dinge im „kleinen“ ausprobieren, um Sie dann auszurollen.
    Leider gibt es in der Politik auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene keinen Politiker (egal welcher coleur), der diesem Anspruch auf Vision und Weitsicht gerecht werden könnte.
    Eher wird Rainer Gebhardt Gesundheitsminister und ich sein Staatsekretär. 🙂 😀

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