Berlins ärmere Bezirke haben zuwenig Fachärzte –BZ vom 22.10.07

Das ist Krank!

Berlins ärmere Bezirke haben zuwenig Fachärzte ● In Neukölln teilen sich zwei Lungen-Spezialisten 300000 Patienten ● Dabei gibt es hier die höchste Anzahl von Neuerkrankungen an Lungenkrebs

OLE KRÜGER

 

Dr. Rainer Gebhardt behandelt in der Woche 300 Patienten

In Neukölln erkranken jedes Jahr 330 Menschen an Lungenkrebs. Tendenz steigend.

In Neukölln gibt es aber auch die wenigsten Fachärzte. Nur zwei Lungen-Spezialisten sind hier tätig. Einer von ihnen ist Dr. Rainer Gebhardt. Mit seinem Kollegen ist er zuständig für 300000 Einwohner.

„Wir haben Patienten, die auf Knien um einen Termin betteln“, erzählt Gebhardt. Seitdem dort zwei große Praxen geschlossen haben, sind Termine bei ihm gefragter denn je. Wer jetzt einen haben will, bekommt ihn in zwei Monaten. „Patienten mit akuten Problemen behandeln wir natürlich sofort.“ Allerdings müsse man dann Zeit mitbringen. Gebhardt: „Wartezeiten bis zu fünf Stunden sind normal.“

► Ärzte-Kollegen wandern in reiche Stadtbezirke ab

Schuld ist das begrenzte Budget, das Medizinern für Kassenpatienten zur Verfügung steht. „Und mit Privat-Patienten kann ich nicht rechnen. Der Anteil liegt hier bei zwei Prozent“, sagt der Arzt.

 

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Viele seiner Kollegen sind deshalb in die wirtschaftlich starken Stadtbezirke abgewandert. Denn dort wohnen auch die Privatpatienten. In Steglitz-Zehlendorf sind 20 Prozent der Einwohner privat versichert, in Charlottenburg-Wilmersdorf 30 Prozent. Folge: In den reichen Bezirken gibt es mehr Fachärzte als nötig, woanders fehlen sie.

Das weiß auch die Politik. Neuköllns Gesundheits-Stadträtin Stefanie Vogelsang (CDU): „Der Fachärzte-Mangel verschärft die soziale Situation der armen Menschen im Bezirk zusätzlich.“

Vogelsang will die Abwanderung stoppen. „Die Arbeit der Ärzte in den unterversorgten Gebieten muss attraktiver gemacht werden, indem sie für jede Leistung Zuschüsse erhalten.“

22.10.2007
© 2007 BZ Berlin

 

 

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