Stellungnahme von Dr. Rainer Gebhardt zum IQWiG Ergänzungsauftrag

Stellungnahme von Dr. Rainer Gebhardt vom 27.6.2007 zum IQWiG Ergänzungsauftrag: Fixkombinationen aus Kortikosteroiden und lang wirksamen Beta-2-Rezeptoragonisten zur inhalativen Anwendung bei Asthma bronchiale – A07-01 –

Sehr geehrte Mitarbeiter/innen des IQWIG,

als seit 1991 niedergelassener Lungenarzt in Berlin Neukölln bin ich von den Empfehlungen des IQWIG zum Stellenwert der fixen Kombinationen aus langwirksamen Beta-2-Mimetikum (LABA) und inhalativem Steroid (ICS) in meiner täglichen Praxis besonders betroffen.

Die Feststellung des IQWIG zur Asthma-Therapie (Bericht A 05-13): „Fixkombinationen sind (der) Gabe von Einzelkomponenten nicht überlegen“ können von seiten der Pneumologen sicherlich nicht uneingeschränkt in dieser Form übernommen werden. Hinsichtlich des Hauptberichts hat Sie bereits ein Kommentar von Herrn Dr. Mitfessel aus Remscheid im Namen der Ärztegruppe Lungenfunktion e.V. erreicht.

Am 05.06.2007 hat das IQWIG nunmehr den Entwurf des Ergänzungsberichtsplanes A 07-01 veröffentlicht, da sich zwischenzeitlich Änderungen in den Zulassung der fixen Kombination Formoterol/Budesonid (Symbicort®) ergeben hatten (Stichwort „SMART“-Dosierungsschema) und ein weiteres Kombinationspräparat aus Formoterol und Beclomethasondipropionat (Foster®) in Deutschland zugelassen wurde.

Im o.a. Bericht A 07-01 sollen die eventuelle Effekte der fixen Kombination Formoterol/Beclometasondipropionat (Foster®) sowie der Zulassungserweiterung Symbicort SMART hinsichtlich ihres Nutzens beurteilt werden.

Bei der Frage des Nutzens des Symbicort SMART Dosierungsschemas ist mir an einer praxisrelevanten Fragestellung gelegen, die die tatsächliche medizinische Praxis abbildet.

Insofern werden die von mir nicht nachvollziehbaren Einschränkungen in der Beurteilung als Maßnahme des IQWIG aufgefasst, ein Ergebnis zu erreichen, das dem tatsächlichen medizinischen Handeln in einer Arztpraxis in der Bundesrepublik Deutschland nicht entspricht.

Diese provokante Behauptung versuche ich im folgenden zu erläutern:

Der im Berichtsplanentwurf empfohlene Vergleich fixe Kombination vs. freie Kombination lässt eine ehrliche Beurteilung des Symbicort SMART Therapiekonzepts nicht zu, da die in klinischen Studien erreichbare gute Compliance (selbst in Placebo-Studienarmen) leider nicht der Realität der Therapietreue in der täglichen Praxis entspricht und gerade in einem sozial schwierigen Bezirk wie Berlin Neukölln ein Teil unserer Patienten mit der regelmäßigen Durchführung komplizierterer Therapieanweisungen überfordert ist.

Im Berichtsplanentwurf wird gefordert, dass die Dosierungsschemata in den zu vergleichenden Studienarmen möglichst gleich sein sollten. Dieses ist jedoch nicht praxisgerecht, da bei Symbicort SMART automatisch eine tagesaktuelle (bedarfsorientierte) symptomgesteuerte ICS Dosisanpassung erfolgen soll .

In einem Vergleichsarm mit der freien Kombination kann eine solche Dosisanpassung bei Bedarf nicht erfolgen, da eine Budesonid-Gabe bei Bedarf 1.) nicht durch die Zulassung abgedeckt ist und 2.) rein praktisch vom Patienten nicht zu handhaben ist. Immerhin würde dieses Vorgehen vom Patienten erfordern, ständig sowohl einen Oxis Turbohaler (Formoterol) als auch einen Pulmicort Turbohaler (Budesonid) mit sich zu führen um im Bedarfsfall aus beiden Inhalatoren nacheinander zu inhalieren. Welcher Patient wird wirklich in „real life“ außerhalb einer Studiensituation regelmäßig einen Budesonid Inhalator anwenden, obwohl er lediglich die Wirkung des Formoterol Inhalators physisch spüren kann ?
Eine solche Vorgehensweise würde man aktuell unabhängig vom medizinischen Nutzen als unwirtschaftlich ansehen.
Als nachvollziehbarer Nutzen der Symbicort SMART Therapie ist eine für den Patienten einfach anzuwendende und anzupassende Dosierung anzusehen, die zusätzlich aufgrund des gewählten Devices (Turbohaler) ein hohes Maß an Wirksamkeit durch optimale Deposition in den Atemwegen gewährleistet. Das IQWIG hat in seinem bisherigen Bericht bereits den besonderen Stellenwert des gewählten Inhalationssystems herausgestrichen und eine pauschale Vergleichbarkeit der auf dem deutschen Markt befindlichen Inhalationssysteme verneint. In diesem Punkt können die Pneumologen dem IQWIG nur zustimmen.

Um einen eventuellen Vorteil des Symbicort SMART Dosierungsschemas bewerten zu können sollte zunächst ein Vergleich der fixen Kombination Symbicort im klassischen Dosierungsschema (z.B. Asthma Stufe 3-mittelschwer persistierend: Symbicort 160/4,5 2×2 Hübe + kurzwirksames Sympathicomimeticum bei Bedarf) mit dem Symbicort SMART Dosierungsschema (z.B. regelm. Symbicort 160/4,5 2×1 Hub + 1 Hub bei Bedarf) erfolgen.

Um die Ergebnisse der Untersuchungen zum SMART Konzept in die Praxis zu übertragen müssen die Dosierungsschemata in den Studienarmen verglichen werden; das Inhalationssystem, fixe oder freie Kombination und die Wirkstoffe müssen, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, konstant bleiben.

Denkbar wäre auch die Veränderung weiterer Parameter, z.B. des Dosierungsschema und Inhalator.

Folgende Fragestellung wären für die Beurteilung des Nutzens von Symbicort SMART interessant:

– Symbicort SMART vs. Symbicort in festem Dosierungsschema
– Symbicort SMART vs. Symbicort mit symptomangepasster Dauertherapie (ist in der täglichen Praxis dem Patienten schwer zu vermitteln)
– Symbicort SMART vs. fixer Kombinationen in starrer Dosierung (z.B. Viani® oder Foster®, aber auch Symbicort® starr dosiert)
– Symbicort SMART vs. fixer Kombinationen mit symptomangepasster Dauertherapie (ist in der täglichen Praxis dem Patienten schwer zu vermitteln)
– Symbicort SMART vs. freie Kombination in starrer Dosierung (besonders praxisrelevant)
– Symbicort SMART vs. freie Kombination mit symptomangepasster Dauertherapie (in der täglichen Praxis praktisch nicht umsetzbar)

Die Pneumologen sind auch bisher in der Therapie von Asthmapatienten sehr flexibel auf die Erfordernisse eingegangen und haben vom Repertoire von freien und fixen Kombinationstherapien umfangreich Gebrauch gemacht. Das neue Symbicort SMART Konzept bietet uns in diesem Kontext eine zusätzliche Wahlmöglichkeit, um die in den neuen GINA 3 Guidelines geforderte Asthmastabilität

Ich bitte das IQWIG daher in seinen Bewertungen praxisrelevante Bedingungen zu Grunde zu legen.
Für Rückfragen stehe ich gerne unter 030 – 624 53 78 zur Verfügung, bzw. bin per E-Mail unter info@praxis-gebhardt.de erreichbar.

Mit freundlichem Gruß aus Berlin !

Dr. Rainer Gebhardt

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